Drei Fragen an József-Csaba Pál, Bischof von Timisoara, Rumänien
„Dies ist der Moment, in dem wir neben den kulturellen Initiativen in Museen und Denkmälern auch die Türen unserer Kirchen öffnen müssen, um die christlichen Wurzeln unseres Volkes, Landes und der Stadt sichtbar zu machen.“ Dies ist die Reaktion des römisch-katholischen Bischofs József-Csaba Pál (geboren 1955) auf die Ankündigung der Ernennung von Timisoara zu einer der drei europäischen Kulturhauptstädte 2023.
Was bedeutet dies konkret?
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Sie sind seit 2018 katholischer Bischof von Timisoara. Es muss eine große Freude für Sie gewesen sein, als Sie erfuhren, dass Timisoara 2023 den begehrten Titel „Kulturhauptstadt Europas“ erhalten hat. Was ist Ihrer Meinung nach die Begründung für eine solche Entscheidung?
In Timisoara leben seit Jahrhunderten viele verschiedene Konfessionen und Nationalitäten Seite an Seite in Frieden. Sie verstanden es, ihre Identität zu bewahren, und im Zusammenleben wurde die Vielfalt als gegenseitiges Geschenk betrachtet. In Mischehen und gemischten Stadtvierteln lernten die Menschen, sich gegenseitig zu respektieren und zu schätzen. Deshalb glaube ich, dass Timisoara Europa diese Erfahrung zu bieten hat: den Geist des friedlichen Zusammenlebens.
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Nach acht Monaten „Kulturhauptstadt Europas“ – welchen Beitrag leistet Timisoara Ihrer Meinung nach zum heutigen Europa?
Im Geist des Multikulturalismus werden viele kulturelle Programme durchgeführt.
Mit den Jugendlichen haben wir zum Beispiel vom 1. bis 7. Mai ein ökumenisches Jugendfestival organisiert. In der Vergangenheit waren unsere Vorfahren durch Arbeitslosigkeit oder die Nachfrage nach Fachkräften nach Timisoara gedrängt worden. Heute legen wir auch aus christlicher Sicht ein Fundament für unser Miteinander: Wir sind alle Kinder des Vaters im Himmel. Zu Seiner Ehre möchten wir, dass Seine Kinder miteinander auskommen, einander helfen und lieben. Dies sollte das sichtbare Zeichen sein, das Timisoara an Europa gibt.
Jugendliche aus sieben Konfessionen und vielen verschiedenen Sprachgruppen haben 14 Monate lang an der Vorbereitung dieses Jugendfestivals gearbeitet. In der Vorbereitungsphase sagten sie sich: Das Festival soll etwas Jugendliches, Christliches und den Geist der Einheit ausstrahlen. Und sie haben es geschafft: etwa 30 Programme, darunter eine Theateraufführung im Opernhaus von Timisoara, eine Prozession durch die Stadt, in der wir mehrere Kirchen besuchten, Meditation während einer Bootsfahrt auf dem Bega-Kanal, verschiedene Vorträge, ein Konzert von Gen Verde im Saal der Philharmonie von Timisoara usw. Es hat sich auch ein ökumenischer Chor von 40 Jugendlichen gebildet, der zurzeit an verschiedenen Programmen teilnimmt.
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Warum haben Sie Miteinander für Europa eingeladen, das jährliche Treffen des Trägerkreises im November in Ihrer Stadt zu organisieren? Was erwarten Sie sich davon?
2016 nahm ich an einer Großveranstaltung von Miteinander für Europa in München teil. Es hat mir sehr gut gefallen und ich dachte: „Diese Menschen verschiedener Konfessionen tun das, wovon ich immer geträumt habe: Sie leben voll Freude und in Einheit in der Gegenwart Gottes.“ Das ist ein überwältigendes Zeugnis. Nun sollen sie diese Einheit in Gott auch in Timisoara bezeugen. Wenn sie nach Timisoara kommen, werden wir uns in diesem Engagement gegenseitig stärken.
Vielen Dank für dieses Gespräch.
Beatriz Lauenroth
Foto: Bischof József-Csaba Pál während des Ökumenischen Jugendfestivals, Timisoara Mai 2023
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