Treue zur Zukunft

von | Dez. 18, 2020

Wir stehen  kurz vor Weihnachten. Es wird in diesem Jahr unter vielen Aspekten ganz außergewöhnlich sein, denn die Menschheit kämpft noch immer mit COVID-19. Papst Franziskus hatte am 27. März 2020 in einer beispiellosen Geste auf dem Petersplatz  um das Ende der Pandemie gebetet. Die Worte des Bischofs von Rom erscheinen heute aktueller denn je. […]

Wir stehen  kurz vor Weihnachten. Es wird in diesem Jahr unter vielen Aspekten ganz außergewöhnlich sein, denn die Menschheit kämpft noch immer mit COVID-19. Papst Franziskus hatte am 27. März 2020 in einer beispiellosen Geste auf dem Petersplatz  um das Ende der Pandemie gebetet. Die Worte des Bischofs von Rom erscheinen heute aktueller denn je.  

Herbert Lauenroth, Mitglied des internationalen Leitungskomitees Miteinander für Europa hatte für den Gebetsabend des Trägerkreistreffens am 14.11.2020 eine empathische Einführung zu den Worten des Papstes gefunden. Seine Perspektive führt dahin „uns in unserer eigenen Innerlichkeit (…) zu konsolidieren – ohne uns jedoch in unserer eigenen Heimat oder Identität einzuschließen“.  (Der vollständige Gebetstext mit den Fürbitten ist am Ende dieser Seite zum Herunterladen verfügbar.)

Der Herr ist gnädig und barmherzig, / langmütig und reich an Gnade. Der Herr ist gütig zu allen, / sein Erbarmen waltet über all seinen Werken. (Ps 145) Dies sind die Worte des Psalmisten, die uns in diesen Raum Gottes einführen, eines Gottes, der in all seiner Leidenschaft, Geduld und Barmherzigkeit erkannt und angefleht werden möchte, in der Treue Seiner Liebe – vom Schöpfer zu seiner ganzen Schöpfung und zur ganzen Schöpfung – die immer „schöpferische Treue“, ja „Treue zur Zukunft“ ist.

Wir versammeln uns um diesen zerbrechlich wirkenden, in Weiß gekleideten Mann. Er wirkt ein wenig verloren auf dem riesigen Petersplatz, der  leer unter dem Regen liegt, der an diesem Abend des 27. März ununterbrochen von einem düsteren Himmel herabfällt. Mit ihm richten wir auch unseren Blick auf die „Ewige Stadt“, die in ihrer ganzen Pracht  verlassen und eingeschlossen erscheint. Die  historischen Denkmälern, Mausoleen, Museen, Paläste, Kultstätten, Straßen und Plätzen: alles ist menschenleer. Wir versammeln uns um diesen Mann, der dort alleine ist und in dem wir den Bischof von Rom erkennen. Er ist unser Bruder, aber an diesem Abend auch ein Hirte ohne seine Herde, a last man standing. Gemeinsam mit ihm geben wir der Christlichen Gemeinde Sichtbarkeit; gemeinsam mit ihm erflehen wir die Gegenwart des Herrn unter uns, inmitten unserer Gemeinschaften, der verschiedenen Konfessionen, Nationen, ethnischen und kulturellen Zugehörigkeiten, in unserer Mitte, inmitten der Welt, und dabei segnen wir mit Papst Franziskus – „urbi et orbi“ – die Stadt Rom und alle Städte, unsere Länder und ganz Europa, ein Europa mit Blick auf die ganze Welt.

Ja, wir stellen uns an die Seite des Bischofs von Rom, unserem Bruder. Die Erfahrung von Covid-19 treibt uns an, die Christus-Gemeinschaft sichtbar zu machen, eine Gemeinschaft, die in dieser Zeit der Pandemie von der Erfahrung einer CO-IMMUNITÄT gekennzeichnet ist; eine Gemeinschaft, die – paradoxerweise – aus den Vorschriften und Erfahrungen einer „Sozialen Distanzierung“ entsteht. In Zeiten einer wachsenden globalen Gemeinschaft erinnert uns diese Krise auf brutale Weise an die Notwendigkeit, uns in unserer eigenen Innerlichkeit, unserer eigenen Kirche, Familie, Berufung, Geschichte zu konsolidieren – ohne uns jedoch in unserer eigenen Heimat oder Identität einzuschließen. Denn nur so können wir unsere wahre Wurzel, unsere gemeinsame Zugehörigkeit wiederentdecken: Brüder und Schwestern zu sein,  jeder von uns einzigartig und doch  innig verbunden in absoluter Unterschiedlichkeit: alle Brüder, alle Schwestern – in Christus!

Wir nehmen unseren Platz als betende Gemeinschaft ein, um die Worte von Papst Franziskus widerhallen zu lassen und ihnen Gewicht und Wirksamkeit zu geben; Worte, die an Gott gerichtet sind, im Namen des Volkes Gottes, durch  Jesus in unserer Mitte, dem Vater im Himmel überlassen, dessen Barmherzigkeit und Mitleid uns durch die Worte des Psalmisten in Erinnerung gebracht werden.

Der Herr ist barmherzig und voller Mitleid, langsam im Zorn und von großer Güte. Der Herr ist gut zu allen, und sein Mitgefühl erstreckt sich auf alle seine Werke (Ps 145).

2020 11 14 Trägerkreis MfE online – Gebet am Abend, Herbert Lauenroth

 

 

 

 

 

0 Kommentare

Kommentar verfassen

Hier können Sie den Newsletter abbonieren


ARTIKEL ZU DIESEM THEMA

Danke, Bischof Krause!

Danke, Bischof Krause!

Am 28. November 2024 hat Christian Krause, ehemaliger Präsident des Lutherischen Weltbundes und langjähriger Freund von Miteinander für Europa, das Ziel seines Lebens erreicht. Seine Botschaft von der Einheit der Christen als Antwort auf die Nöte unserer Zeit bleibt unter uns lebendig.

Kämpfen auch fernab der Front

Kämpfen auch fernab der Front

Beatriz Lauenroth, eine in Argentinien geborene Deutsche, arbeitet seit vielen Jahren mit Leidenschaft für das Netzwerk Miteinander für Europa im Bereich der internationalen Presse. Sie hat in mehreren europäischen Ländern gelebt und wohnt derzeit in Südholland, in der Nähe von ’s Hertogenbosch. Nach ihrer Rückkehr von einem dreimonatigen Aufenthalt in Mukacevo in der Ukraine, erzählt sie uns von ihrer einschneidenden Erfahrung.

Hoffnung inmitten von Erschütterungen

Hoffnung inmitten von Erschütterungen

Trägerkreistreffen Miteinander für Europa (MfE) „Zur Hoffnung berufen“ – Vom 31. Oktober bis 2. November 2024 versammelten sich mehr als 200 VertreterInnen von Miteinander für Europa in Graz-Seckau (Österreich). Sie waren aus 19 europäischen Ländern gekommen und gehören zu 52 Bewegungen, Gemeinschaften und Organisationen.

Cookie Consent mit Real Cookie Banner