Ökumenischer Gebetsabend für Europa, Rom 24.3.2017 – Interview mit Kardinal Kurt Koch, Präsident des Päpstlichen Rates zur Förderung der Einheit der Christen
Eminenz, diese Gebetsinitiative, der verschiedene christliche Konfessionen zugesprochen haben zeigt, dass Einheit in Vielfalt möglich ist. Welches Beispiel kann dieser Abend einem Europa geben, das in den grundlegendsten Fragen noch immer so getrennt und zerrissen ist?
„Dieses Gebet ist von Bewegungen verschiedener Kirche organisiert worden: Es gibt grosse Verschiedenartigkeit und Vielfalt, aber auch Einheit und wir sind alle Miteinander hier für Europa. Diese Versöhnung zwischen Einheit und Vielfalt ist auch für Europa sehr wichtig: Es muss zu einer Einheit zusammenwachsen, aber nicht um Vielfalt zu leugnen, sondern sie zu vertiefen und den einzelnen Staaten die Möglichkeit zu bieten, ihren Beitrag zur Einheit zu leisten.“
Die christlichen Bewegungen die zusammenfinden, haben auch das Ziel gemeinsam «die Zeichen der Zeit» zu erkennen, jene Zeichen, die in einem bestimmten historischen Moment zeigen, dass die Menschheit, wenn auch langsam, auf dem Weg zur Einheit ist. Gibt es heute solche Zeichen?
„Die grosse Herausforderung ist heute die Flüchtlingskrise. Für Europa ist die Aufforderung der Stunde die Gastfreundschaft und Offenheit den anderen gegenüber. Es gibt eine Weisheit: ‘Wenn ich nur England kenne, kenne ich England noch nicht. Ich kenne England erst dann, wenn ich auch andere Länder, wie etwa Frankreich und Italien, kenne’. Wenn wir dann sehen, dass der Andere nicht mein Feind ist, ist das ein guter Anfang, wenn wir das neu erkennen, dann sind wir auf dem guten Weg.“
Papst Franziskus hat unterstrichen, dass der Weg zum Frieden über die Integration, den Dialog und die Arbeit führt. Arbeit sei für Europa ein prioritäres politisches Anliegen. Wie denken sie darüber?
„Es ist notwendig, dass allen der Zugang zu einer Arbeit ermöglicht wird. Dies ist eine grosse Herausforderung, weil sie mit der Würde des Menschen zu tun hat. Und in der Arbeit ist solidarisches Miteinander und nicht Geringachtung geboten. Auch die Zugangsmöglichkeit zu einer menschenwürdigen Arbeit ist ein Beitrag zur Einheit Europas.“
Claudia Di Lorenzi
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