180 Teilnehmer aus 20 Ländern (Live-Übersetzung in 5 Sprachen) und 55 unterschiedlichen Bewegungen und Gemeinschaften verschiedener Kirchen sind in Ottmaring zusammen: dort wo Miteinander für Europa vor 20 Jahren begonnen hat.
Ein Teilnehmer, der erst vor kurzem mit dem Netzwerk in Kontakt kam stellt fest: „Hier wird das beste in jedem geweckt!“
Zum Tageseinstieg begleitet Andy Pettman die Teilnehmer in einen Moment der Reflexion die zur „Antwort aus Dankbarkeit“ führt. „Den Samen in den Früchten erkennen“ – das wird danach für alle ganz greifbar als Thomas Römer dazu einlädt, Papiertüten mit Samen zu füllen als Symbol für das, was aus 20 Jahren Weggemeinschaft erwachsen ist: Diese Samen gilt es nun erneut voller Vertrauen und Hoffnung auszusäen.
Besonders intensiv wird es bei den folgenden Beiträgen: Sr. Nicole Grochowina erklärt die Wirksamkeit des „Prophetischen im Prekären“ und Herbert Lauenroth die Notwendigkeit lebendige Grenzgänger „Accross all borders“ zu werden.
Viele Momente des Austauschs – mal in spontanen Kleingruppen im Saal, mal nach Sprachen – lassen die dichte und familiäre Atmosphäre unter den Anwesenden weiter wachsen.
Der Nachmittag beginnt mit einem Moment des Kennenlernens des „Gebetshaus Augsburg“ durch die Präsenz von Johannes Hartl. Weiter geht es mit intensiven Gesprächen im Plenum um Gehörtes und Erlebtes gemeinsam zu reflektieren und weitere Schritte für die Zukunft zu erspüren.
Am Abend begeben sie Kongressteilnehmer nach Augsburg, wo sie der Bürgermeister im „Goldenen Saal“ des Rathauses zu einem Empfang erwartet. Ein Besuch in der Innenstadt schließt den erlebnisreichen Tag ab.
Walter Kriechbaum ist evangelischer Pfarrer und CVJM-Sekretär in München. Sein Herz schlägt für Europa und dafür, Versöhnung zu leben. Darum pflegt er u. a. im internationalen Netzwerk der ökumenischen Initiative Miteinander für Europa Freundschaften auch in Polen und in der Ukraine.
„Als Deutscher treffe ich bei meinen Reisen nach Osteuropa oft auf die Grausamkeiten in der Geschichte. Sprachlos stand ich in Lutsk/Ukraine mit polnischen Freunden an den Gedenkstätten für die Tausenden von Polen, die grausam umgebracht wurden oder auf einem Gräberfeld inmitten eines der größten Schlachtfelder des Zweiten Weltkriegs. Plötzlich baten mich die Freunde, ich möge doch als Deutscher und Evangelischer über den Toten beten, um Vergebung bitten und Frieden für unsere Völker in Europa erbitten.“ Walter Kriechbaum erkannte, dass versöhntes Miteinander u.a. bedeuten kann, den Weg der Trauer mit anderen mitzugehen, den Schmerz der anderen zum eigenen Schmerz zu machen. „Ökumenische Versöhnung bedeutet, auf die Gaben der anderen zu achten und ihnen Entfaltungsraum zu schaffen.“ Der Schmerz über die noch nicht vollständige Einheit, meint Walter, scheine so etwas wie der Same für Zukünftiges zu sein.
Versöhnung fragt nicht nach Proporz
München 2016. Während eines ökumenischen Gebetes für die Einheit Europas, das Polen und Deutsche gemeinsam vorbereitet hatten, betreten unerwartet 20 Russen die Kirche. Walter, der den Dienst mit einem polnischen Freund leitet, ist kurz ratlos, wie er mit der neuen Situation umgehen soll. Dann bittet er eine Teilnehmerin der russischen Gruppe, sich ins gemeinsame Gebet einzubringen und ebenfalls nach vorn zu kommen. Katholiken, Protestanten, Mitglieder von Freikirchen und russisch- Orthodoxe werden abschließend von einem polnischen Priester der Schönstatt-Bewegung gesegnet. Walter: „Ich habe gelernt, dass ökumenische Versöhnung nicht nach Proporz fragt und danach, wer Recht hat. Im Herzen des anderen wohnt Jesus Christus, der auf überraschende Weise die Verschiedenheit zur Ergänzung werden lässt, ohne sie auszulöschen.“
Versöhnung benötigt Vertrauen
Auf seinen vielen Reisen durch Osteuropa baut Walter ein Netz von Freundschaften auf. „Aber dazu braucht es Geduld und Ausdauer. Oft dauert es Jahre, bis das Misstrauen schwindet. Ich habe erkannt, dass ökumenische Grenzerfahrung bedeutet, zugleich nah und fremd zu spüren und die Spannung auszuhalten. Im gemeinsamen Blick auf Jesus entsteht dann langsam eine innere Nähe. Sie kann nicht erzwungen werden, sondern ist Werk Gottes.“ Das so entstandene Vertrauen ineinander mache dann sprachfähig und schaffe eine innere Freiheit, berichtet Walter.
Versöhnung setzt Loslassen voraus
„Ökumenische Versöhnung und Verbundenheit kann man nicht organisieren“ sagt Walter. „Wir müssen einander immer wieder loslassen und uns stets neu in den Kairos Gottes hineinbegeben. Er allein kennt den richtigen Zeitpunkt.“ Aber sicherlich könne man die Wege dazu ebnen. „Gemeinsam werden wir es schaffen, Europa neu erstrahlen zu lassen. Sein Glanz sind seine Menschen, die unterwegs sind nach Versöhnung.“ Davon ist Walter überzeugt und dafür lebt er – jeden Tag aufs Neue.
Die Feier von 20 Jahre Miteinander für Europa (MfE) verbindet Historie, Kirchen und die Gesellschaft von heute zu einem dreifachen Fest. Der Trägerkreis von MfE trifft sich in Ottmaring (Deutschland), vom 7. bis 9. November 2019. Auf dem Programm stehen u.a. ein Empfang im Augsburger Rathaus und der Besuch von bedeutenden Orten der Stadt, wie die Kirche St. Anna. Es geht um ein neues, vielversprechendes Treffen der Völker in Europa.
Der Termin spricht für sich! Am 31. Oktober 2019 jährt sich in Augsburg die Unterzeichnung der Gemeinsamen Erklärung zur Rechtfertigungslehre zwischen der Katholischen Kirche und dem Lutherischen Weltbund; am selben Tag sind es 20 Jahre seit dem ersten Treffen zwischen evangelischen und katholischen Gemeinschaften und Bewegungen in Ottmaring und damit der Beginn von Miteinander für Europa; am 9. November 2019 begehen wir die 30 Jahre Fall der Berliner Mauer und damit auch das Ende des „Eisernen Vorhangs“.
Jubiläen laden uns immer ein, zu danken und gleichzeitig nach vorne zu schauen. Das Programm des Treffens, das beides ermöglichen will, findet im Ökumenischen Lebenszentrum von Ottmaring sowie im Rathaus und der St. Anna Kirche von Augsburg statt und.
Nach den im November 2018 in Prag>> gemeinsam unternommenen Schritten und dem „Europatag 2019>> soll das Treffen in Deutschland eine weitere Werkstatt für konkrete Projekte zum Wohl unseres Kontinents sein.
Durch Experten und im Dialog mit ihnen, werden dann einige der heutigen Herausforderungen in den Blick genommen: Angst, Grenzen, Mauern.
Am Freitagabend, 8. November, lädt der Bürgermeister der Stadt Augsburg im Rathaus zu einem offiziellen Empfang ein.
Am Samstag, 9. November, setzt sich die Veranstaltung im Rathaus von Augsburg fort
20 Jahre Gemeinsame Erklärung zur Rechtsfertigungslehre: Beitrag des ev. Bischofs Christian Krause: Geschichte und Folgen: welche Bedeutung heute?
Miteinander für Europa: Frucht der Gemeinsamen Erklärung, Erfahrung der Einheit, Perspektiven, Entwicklungen in Europa
Schritte auf dem Weg zur Einen Kirche Jesu: Visionen des einen Volkes Gottes
30 Jahre Fall der Berliner Mauer und des „Eisernen Vorhangs“ in Europa
Aktuelle Herausforderungen In Europa: Pavel Fischer (Prag)
In der Kirche St. Anna wird anschließend in verschiedenen Sprachen für Europa gebetet. Danach, auf dem Platz vor der Kirche, folgt ein Moment der Danksagung mit Kerzen, Liedern, Gebeten und kurzen Zeugnissen.
Mehr Informationen zum Tag in Augsburg
Am Samstag, 9. November, werden Mitglieder des Netzwerkes aus allen Teilen Deutschlands erwartet. Für Informationen/Anmeldung bitte an Marianne Clauß schreiben: CVJM Esslingen (Kiesstraße 3-5, 73728 Esslingen, Fax: (0711) 396 96 545; Tel: (0711) 396 96 515, Mail: marianne.clauss@cvjm-esslingen.de
Seit einiger Zeit laufen die Vorbereitungen für die Feier der „20 Jahre Miteinander für Europa“. Der Funke dieses originellen ökumenisch-europäischen Netzwerkes entstand im Ökumenischen Lebenszentrum Ottmaring nach der historischen Unterzeichnung der Gemeinsamen Erklärung zur Rechtfertigungslehre in Augsburg.
Severin Schmid hat die Entstehung dieser Weggemeinschaft – von der „die Partitur im Himmel geschrieben ist“ – erlebt und an ihrem Entwicklungsprozess mitgewirkt. Darüber haben wir ihm einige kurze Fragen gestellt.
Ilona Toth aus Ungarn, Mitglied des derzeitigen Leitungskomitees von Miteinander für Europa, nahm 2018 an der Feier zum 50-jährigen Bestehen von Ottmaring teil. Welchen Eindruck hat ihr dieses ökumenische Zentrum bei Augsburg gemacht?
Maria Voce, auch als Emmaus bekannt, ist Mitglied des Leitungskomitees von Miteinander für Europa. Innerhalb der Fokolar-Bewegung, deren Präsidentin sie ist, findet in diesem Sommer eine Veranstaltung auf europäischer Ebene statt.
Aus Ihren Interviews, die Sie im Blick auf diese Veranstaltung gegeben hat, haben wir zwei ausgewählt, da sie den Geist unseres Netzwerkes unterstreichen.