von Beatriz Lauenroth | Dez 12, 2019 | 2019 Ottmaring | 20 Jahre, Erfahrungen, Denkansätze und Interviews, News
Larisa Musina, orthodoxe Christin aus Moskau, Pro-Rektorin des San Filaret-Instituts, hat in Vertretung der „Orthodoxe Trasfiguration Brotherhood“ im November an der Feier des 20jährigen Bestehens des Netzwerkes Miteinander für Europa in Augsburg/Deutschland teilgenommen.
Im Rahmen der Veranstaltung wurde der geschichtlich bedeutsamen Unterzeichnung der „Gemeinsamen Erklärung zur Rechtfertigungslehre“ am 31.10.1999 gedacht; am selben Tag entstand das Netzwerk Miteinander für Europa, eine der konkreten Antworten auf die Sehnsucht nach Einheit des christlichen Volkes.
Im Folgenden finden sich Auszüge aus einem Interview von Oleg Glogolev mit Larisa Musina nach deren Rückkehr nach Moskau.
„Am diesjährigen Treffen hat der lutherische Bischof Christian Krause, einer der Unterzeichner der Gemeinsamen Erklärung zur Rechtfertigungslehre 1999, teilgenommen. Damals war er der Präsident des Lutherischen Weltbundes. Er sprach von zwei wesentlichen Punkten. Erstens vom nicht leichten Weg bis hin zur Gemeinsamen Erklärung. Es bedurfte großer Anstrengungen, um das zwanzigste Jahrhundert zu beenden, ohne den nachkommenden Generationen eine so große Trennung zu hinterlassen. Weiter sprach er vom Engagement der kirchlichen Bewegungen und Gemeinschaften, das er sehr schätzt.
Dieser Dialog und die damit verbundenen Prozesse hatten ihren Ursprung und entwickeln sich in der Logik der Erneuerung des kirchlichen Lebens. Es geht darum, die christliche Authentizität der Kirche zu erhalten und sie zu befähigen, ihre Berufung in der Welt zu verwirklichen. Es ist interessant, festzustellen, dass diese Initiative vor allem von den kirchlichen Bewegungen ergriffen wurde.“
Auch über den feierlichen Abschluss der Begegnung äußerte sich Larisa: „Am Abend trafen wir uns zum Gebet in der evangelischen Kirche Sankt Anna, in der Kirche, in der die Gemeinsame Erklärung zur Rechtfertigungslehre unterzeichnet wurde. Dann gingen wir mit brennenden Kerzen auf den Platz neben der Kirche. Wir dankten Gott für seine Gaben, einschließlich der Gabe der christlichen Einheit, die so viele Menschen in den vergangenen Tagen bezeugt hatten. Dann gingen wir alle mit unseren brennenden Kerzen in Richtung Stadt. Es war wie Ostern.“
Mit dem Licht des auferstandenen Christus kehrten die Teilnehmer in ihre Länder zurück, um ihren Völkern Gott zu bringen.
Hrsg. Beatriz Lauenroth
Quelle: https://psmb.ru/a/eto-bylo-kak-na-paskhu.html
von Beatriz Lauenroth | Okt 23, 2019 | Erfahrungen, Denkansätze und Interviews, News
Der Versöhnung den Weg bereiten.
Walter Kriechbaum ist evangelischer Pfarrer und CVJM-Sekretär in München. Sein Herz schlägt für Europa und dafür, Versöhnung zu leben. Darum pflegt er u. a. im internationalen Netzwerk der ökumenischen Initiative Miteinander für Europa Freundschaften auch in Polen und in der Ukraine.
„Als Deutscher treffe ich bei meinen Reisen nach Osteuropa oft auf die Grausamkeiten in der Geschichte. Sprachlos stand ich in Lutsk/Ukraine mit polnischen Freunden an den Gedenkstätten für die Tausenden von Polen, die grausam umgebracht wurden oder auf einem Gräberfeld inmitten eines der größten Schlachtfelder des Zweiten Weltkriegs. Plötzlich baten mich die Freunde, ich möge doch als Deutscher und Evangelischer über den Toten beten, um Vergebung bitten und Frieden für unsere Völker in Europa erbitten.“ Walter Kriechbaum erkannte, dass versöhntes Miteinander u.a. bedeuten kann, den Weg der Trauer mit anderen mitzugehen, den Schmerz der anderen zum eigenen Schmerz zu machen. „Ökumenische Versöhnung bedeutet, auf die Gaben der anderen zu achten und ihnen Entfaltungsraum zu schaffen.“ Der Schmerz über die noch nicht vollständige Einheit, meint Walter, scheine so etwas wie der Same für Zukünftiges zu sein.
Versöhnung fragt nicht nach Proporz
München 2016. Während eines ökumenischen Gebetes für die Einheit Europas, das Polen und Deutsche gemeinsam vorbereitet hatten, betreten unerwartet 20 Russen die Kirche. Walter, der den Dienst mit einem polnischen Freund leitet, ist kurz ratlos, wie er mit der neuen Situation umgehen soll. Dann bittet er eine Teilnehmerin der russischen Gruppe, sich ins gemeinsame Gebet einzubringen und ebenfalls nach vorn zu kommen. Katholiken, Protestanten, Mitglieder von Freikirchen und russisch- Orthodoxe werden abschließend von einem polnischen Priester der Schönstatt-Bewegung gesegnet. Walter: „Ich habe gelernt, dass ökumenische Versöhnung nicht nach Proporz fragt und danach, wer Recht hat. Im Herzen des anderen wohnt Jesus Christus, der auf überraschende Weise die Verschiedenheit zur Ergänzung werden lässt, ohne sie auszulöschen.“
Versöhnung benötigt Vertrauen
Auf seinen vielen Reisen durch Osteuropa baut Walter ein Netz von Freundschaften auf. „Aber dazu braucht es Geduld und Ausdauer. Oft dauert es Jahre, bis das Misstrauen schwindet. Ich habe erkannt, dass ökumenische Grenzerfahrung bedeutet, zugleich nah und fremd zu spüren und die Spannung auszuhalten. Im gemeinsamen Blick auf Jesus entsteht dann langsam eine innere Nähe. Sie kann nicht erzwungen werden, sondern ist Werk Gottes.“ Das so entstandene Vertrauen ineinander mache dann sprachfähig und schaffe eine innere Freiheit, berichtet Walter.
Versöhnung setzt Loslassen voraus
„Ökumenische Versöhnung und Verbundenheit kann man nicht organisieren“ sagt Walter. „Wir müssen einander immer wieder loslassen und uns stets neu in den Kairos Gottes hineinbegeben. Er allein kennt den richtigen Zeitpunkt.“ Aber sicherlich könne man die Wege dazu ebnen. „Gemeinsam werden wir es schaffen, Europa neu erstrahlen zu lassen. Sein Glanz sind seine Menschen, die unterwegs sind nach Versöhnung.“ Davon ist Walter überzeugt und dafür lebt er – jeden Tag aufs Neue.
Zusammengestellt von Beatriz Lauenroth
von Beatriz Lauenroth | Okt 11, 2019 | 2019 Ottmaring | 20 Jahre
20 Jahre Miteinander für Europa vom 7. – 9.11.2019 in Ottmaring und Augsburg
2019 kehrt Miteinander für Europa nach Deutschland zurück, an das Ökumenische Zentrum Ottmaring / Augsburg, dort wo 1999 seine Geschichte begonnen hat. Verantwortliche und Vertreter verschiedener katholischer, evangelischer, anglikanischer, freikirchlicher und orthodoxer Bewegungen und Gemeinschaften versammeln sich auf europäischer Ebene, um Bilanz zu ziehen und einen Blick in die Zukunft zu werfen.
Am Freitag, den 8.11.2019, wird der Trägerkreis von Miteinander für Europa im Rathaus von Augsburg zu einem offiziellen Empfang erwartet. An diesem geschichtsträchtigen Ort möchte die Stadt die internationale Initiative ehren.
Der „Goldene Saal“
Das Kernstück des Augsburger Rathauses ist der „Goldene Saal“, der in den Jahren 1615 bis 1620 von Elias Holl erbaut wurde. Mit seinen beeindruckenden Portalen, den Wandmalereien und der prachtvollen Kassettendecke galt der „Goldene Saal“ schon zu Zeiten seiner Entstehung als Höhepunkt künstlerischer Innenraumgestaltung. Seinen Namen bezieht der Saal von dem reichhaltigen Goldschmuck, der seine Einrichtung ziert.
Augsburger Friedenspreis – Interkonfessionelle Preisträger
In diesem Saal wurde Chiara Lubich vor rund 30 Jahren, am Tag des Hohen Friedensfestes, dem 8.8.1988, für ihre weltweiten Bemühungen in der Ökumene mit dem Augsburger Friedenspreis ausgezeichnet.
Der seit 1985 bestehende Preis ehrt Persönlichkeiten, die sich um ein offenes und friedvolles Miteinander der Kulturen und Religionen verdient gemacht haben. Er wurde unter anderen dem Landesrabbiner Levinson, Papst Schenuda III der koptischen Kirche, dem Altbundespräsident Richard v. Weizsäcker und dem früheren Staatschef der UdSSR, Michail Gorbatschow, verliehen. 2017 ging die renommierte Auszeichnung an den Generalsekretär des Lutherischen Weltbundes, Martin Junge.
Der „Obere Fletz“
Ein Stockwerk unter dem „Goldenen Saal“, im historischen „Oberen Fletz“ mit repräsentativem Flair, wo an Werktagen der Augsburger Stadtrat tagt, wird sich am 9.11. der Trägerkreis von Miteinander für Europa versammeln.
Beatriz Lauenroth